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Zu Gast in der Moschee
Bürgerverein Nürnberg-Süd besucht die Eyüp-Sultan-Moschee und DITIB
War es nur eine zufallsbedingte Terminüberschneidung, dass am gleichen Apriltag die Bundeskanzlerin Angela Merkel das Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) besuchte? An diesem Tag folgte der Bürgerverein Nürnberg-Süd einer Einladung von DITIB und lernte die Eyüp-Sultan-Moschee kennen. "Es reicht nicht aus, ein Land zu sein mit einer hohen Migrationsquote, wir müssen auch zu einem Integrationsland werden", so die Worte der Kanzlerin an diesem Tag. War dies nicht auch das Thema unseres Besuches?
Schon seit einigen Jahren versucht der Bürgerverein-Süd, sich dem Thema Migration und Integration von verschiedenen Seiten zu nähern. Ein mehrsprachiges Jahresheft, ein Flyer in türkischer Sprache, die Mitarbeit bei einer sozialwissenschaftlichen Studie an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule wie auch ein Besuch beim Bundesamtes für Migration bilden nur ein Teil der vielfältigen Aktivitäten, mit denen der Bürgerverein seit einigen Jahren das Gespräch mit Nürnbergern mit Migrationshintergrund sucht und diese für eine Mitgliedschaft im Bürgerverein-Süd gewinnen möchte.
Der Besuch der Eyüp-Sultan-Moschee, zu dem der neue und türkischstämmige Vereinsvorsitzende Ümit Sormaz eingeladen hatte, bildete einen weiteren Baustein in diesem Prozess einer gemeinsamen Annäherung. Für viele aus der Gruppe des Bürgervereins-Süd ist der Ausflug in die Kurfürstenstraße nicht der erste Besuch einer Moschee: Das obligate Schuhe-Ausziehen vor dem Besuch der Moschee, die Beobachtung der gläubigen Muslime beim Gebet, der Gebetsruf oder die Architektur des Gebetssaales. Wer sich mit dem Islam auseinandersetzt, findet hier viel Vertrautes. Arabische Kalligraphie, die Namen der Propheten, die nicht nur dem geübten Christen aus dem Alten Testament her geläufig sind oder die Ausrichtung des ehemaligen Fabrikgebäudes nach Mekka, all dies folgt einer Linie, die sich ganz dem religiösen Ziel verpflichtet fühlt – ein Gotteshaus zu sein.
An diesem Nachmittag sind es jedoch nur wenige, die sich zu dieser Stunde zu einem der täglichen Pflichtgebete einfinden, die stets vom Imam eingeleitet werden. An hohen Feiertagen finden sich bis zu 2000 gläubige Moslems hier Schulter an Schulter ein, erklären uns die Religionsbeauftragten. Streng werden beim Gottesdienst die Geschlechter getrennt: Eine Frage der Konzentration, bekommen wir als Antwort genannt. Für die Frauen sind andere Räumlichkeiten vorgesehen. Dass der Moscheeraum auch zu weltlichen Festen und Feiern genutzt werden kann, überrascht uns.
Im großen Saal neben der Moschee erwartet die Mitglieder und Gäste des BVS anschließend eine Präsentation über DITIB, die diese Moschee betreibt. Die 1978 gegründete Hinterhofgemeinde Nürnberger Muslime trat 1984 der DITIB bei. 650 aktive Mitglieder halten den Verein, der gerne auch vom Freistaat Bayern als Religionsgemeinschaft anerkannt wären, hier in der Südstadt am Leben. Dass hinter DITIB der türkische Staat steht, der sich mit dieser Plattform um die religiöse Erziehung der türkischstämmigen Muslime kümmert, wird offen kommuniziert. Beeindruckend die Vielfalt der Aktivitäten, die von diesem Verein angeboten werden. Das reicht vom Koran-Unterricht, den die Kindern ab dem Vorschulalter bis ins Teenager-Alter hinein am Wochenende erhalten über Freizeitaktivitäten wie dem Erlernen türkischer Musikinstrumente, Jugendarbeit, Nachhilfeunterricht bei schulischen Problemen, dem gemeinsames Kochen der Frauen bis hin zu mehreren Fußballteams, die in offiziellen Spielklassen gegen andere Nürnberger Vereine antreten. Neben der eigenen Zeitschrift Mahya oder der Teilnahme beim Südstadtfest bildet ein eigenes Kulturfest mit 25.000 Besuchen neben dem Fastenbrechen einen der Höhepunkte im Jahresablauf. Über 250.000 Personen besuchen über das Jahr hinweg die Aktivitäten, die von DITIB allein hier in Nürnberg angeboten werden.
Die Mitglieder von DITIB sehen sich als religiöse, friedliebende, überparteiliche und jeden Extremismus ablehnende Gemeinschaft, die eine Integration ihrer Mitglieder in der bundesdeutschen Gesellschaft anstrebt, ohne dass die eigene türkisch geprägte religiöse Identität aufgegeben werden muss. Gerne würde man hier an der Kurfürstenstraße deshalb auch einen Kindergarten eröffnen, der sich - in Anlehnung an Kindergärten in unterschiedlicherTrägerschaft – als muslimischer Kindergarten versteht. Die Zukunft wird zeigen, ob solche Vorhaben als Etappenziele dienen werden, Deutschland als Integrationsland weiter voranzubringen.
Peter Löw
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